Menschen lügen. Jeden Tag.

Eine Gesellschaft ohne Flunkerei und Täuschung – ist das real?

Unwahrheit oder Lüge – aktueller Gegenstand der politischen Diskussion in unserer Tagespresse. Ist Unwahrheit nicht nur ein anderes Wort für Lüge und somit das Gegenteil von Wahrheit, mag so mancher Leser denken.

 

In der Wissenschaft ist der Gegensatz zur Wahrheit der Irrtum, in der Politik ist es die Lüge, also ein bewusster Akt der Unwahrheit. In politischen Debatten (z.B. im Bundestag oder im Stadtrat) werden direkte Aussagen wie „eine bestimmte Personen oder Gruppierung lügt“ im Regelfall gerügt. Jedoch wenn einem Abgeordnete oder einem Ratsmitglied unterstellt wird, er habe die Unwahrheit gesagt, gibt es keine Rüge vom Vorsitzenden.

 

Warum? Worin besteht der Unterschied zwischen Lüge und Unwahrheit?

Ganz einfach: „Er hat die Unwahrheit gesagt“, beinhaltet die Möglichkeit, er habe sich nur geirrt. Auch der Vorwurf, jemand habe „wissentlich die Unwahrheit“ gesagt, ist somit im politischen Sprachgebrauch in Ordnung. Irren ist menschlich. Unwahrheiten gehören im gewissen Rahmen zu unserem Alltag dazu, sei es aus Höflichkeit, aus Scham, aus Angst, aus Unsicherheit oder Not.

 

Wahrheit und Unwahrheit in politischen Prozessen

In der politischen Auseinandersetzung geht es um begründete Meinungen. Sie beruhen auf der unterschiedlichen Bewertung von tatsächlichen Ereignissen und Sachverhalten, also von „Tatsachenwahrheiten“. Da kommt es im politischen Prozess schon mal vor, dass der Grad zwischen Tatsachen und Meinungen bzw Meinungsfreiheit stark verschwimmt. Es gibt hier keine klaren Grenzen.

 

Wir müssen daher immer achtsam sein. Meinungsfreiheit darf auch für spezielle Demokraten nicht zur Farce werden. In unseren demokratischen Parteistrukturen laufen wir leicht Gefahr, einer systematischen Verwischung des Unterschieds von Wahrheit und Lüge auf dem Leim zu gehen. Sofern der innerparteiliche Kampf um Positionen sowie um die Meinungshoheit in einem extremen Machtkampf ausartet, dann sollte diese Struktur aufgedeckt werden. Wenn in einer Partei, Menschen durch gesellschaftlichen Druck dem politischen Willen Einzelner unterworfen werden, führt dies zu großen Ängsten Vieler. Konsequenz: Man traut sich nicht mehr, Sachverhalte konkret anzusprechen, aus Angst davor, parteiintern isoliert zu werden.

 

Aber welche Folgen hat es, wenn wir uns nicht mehr trauen, die Dinge beim Namen zu nennen?

Eine Lüge oder Unwahrheit hinzunehmen, kann uns ins Schleudern bringen. Insbesondere dann, wenn wir selbst beginnen, die Missstände zu relativieren. Wir dürfen Tatsachen nicht so verharmlosen, dass wir am Ende unsere Werte verraten und unsere politische Identität verlieren. Vor unbequemen Wahrheiten sollten wir unsere Augen und Ohren nicht verschließen.

Manchmal ist es eben schon eine politische Handlung und Haltung, wenn man die Dinge beim Namen nennt.

 

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