Ablehung vom Biosphärenreservat – Konkurs der Zukunft?

Varel, 13.03.2019. Kurz vor 19.00 Uhr. Im Rathaus füllt sich der Zuschauerraum. Die Ratssitzung bewegt. Alle Plätze belegt, viele Menschen müssen stehen. Auf der Tagesordnung: Biosphärenreservat Niedersächsisches Wattenmmeer. Heute Teilnahme an den Gesprächen zur möglichen Einrichtung und Gestaltung einer Entwicklungszone.

 

Einwohnerfragenstunde

Begrüßung. Regularien. Einwohnerfragestunde. Fragestunde? Einwohner können und sollen hier die Möglichkeit haben, Fragen zu politischen Entscheidungen in dieser Stadt zu stellen. Wohlgemerkt Fragen. Keine Statements. An dieser Stelle wird seitens bestimmter Ratsmitglieder immer wieder die Geschäftsordnung des Rates herausgeholt. BürgerInnen werden dann zurechtgewiesen, dass sie Fragen stellen dürfen und keine Statements abgeben sollen.

 

Werden alle Menschen bei Rats- und Ausschuss-Sitzungen gleich behandelt?

Immer? Nein. Es kommt darauf an. Worauf? Scheinbar, ob ein Thema von der Mehrheitsgruppe befürwortet wird oder nicht. Vielleicht ist es auch nur von den fragenden Personen abhängig. Gegnern des Biosphärenreservats wird heute an dieser Stelle großen Raum gegeben. Statement über Statement. Fragen – Fehlanzeige. Die „üblichen RuferInnen“ nach Einhaltung der Geschäftsordnung verstummt. Ich denke nur: komisch. In der letzten Einwohnerfragestunde in der sich Menschen kritisch zu Dangast geäußert haben, wurde doch immer wieder auf die Geschäftsordnung verwiesen. Fragen und keine Statements hieß es immer.

Um eines klar zustellen: Ich halte es für richtig, den Menschen in unserer Stadt auch Raum für Statements zu geben. Dann bitte aber allen! Unabhängig davon, ob uns die Statements gefallen!

Ein Ende in Sicht

Einwohnerfragestunde beendet. Aber es geht weiter. Gefühlte Stunden lassen wir über uns einen Wortbeitrag gegen das Biospärenreservat ergehen. Der Redner ist wortgewaltig. Eine fatale Zukunft wird skizziert. Der Rat wird durch das Biospärenreservat bald nichts mehr entscheiden können. Theatralisch werden Fake-News inzeniert. Populistisch oder einfach nur politische Rhetorik aus dem letzten Jahrhundert? Sachliche Argumente gibt es nicht.

Das einige Landwirte Ängste haben, kann ich verstehen. Diese Ängste müssen wir ernst nehmen, hinterfragen und uns den erforderlichen Konsequenzen stellen. Was ist aber z.B. mit den Ängsten der jungen Menschen, die von uns mehr  Klima- und Naturschutz in unserer Stadt einfordern? Sind deren Ängste weniger Wert?

Gestern war Das Heute von Morgen

Als gewählte Ratsmitglieder vertreten wir allen Menschen in unserer Stadt. Wir sind verantwortlich für unsere Entscheidungen. Leider Entscheidungen mit Nebenwirkungen. Oftmals mit ökonomischen Erfolgen Einzelner auf Kosten vieler Menschen und unserer Natur. Fazit der Ratssitzung: mehrheitlich hat der Rat Nein! gesagt. Nein, ohne vorher Gespräche zu führen. Nein, ohne zu wissen, um was es eigentlich wirklich geht.

Menschen sehen nur so weit wie sie können. Kurzsichtigkeit ist leider ein weitverbreitetes Phänomen. Auch in der Politik hier vor Ort.

Betroffen. Empört. Wütend. Entsetzt. Schockiert. Befremdet. Ich bin einfach nur fassungslos über ein so verantwortungsloses Verhalten. Einfach nur Nein! zu sagen ist in in meinen Augen die falsche Entscheidung.

 

Noch nicht im 21. Jahrhundert angekommen

Klimaänderungen und immer stärker werdende Wetterereignisse dürfen wir nicht ignorieren. Alles leugnen hilft nichts. Eine Nachhaltigkeits-Debatte ist das Gebot der Stunde. Die Diskussion um das Biosphärenreservat ist eine Herausforderung unserer Zeit. Nachhaltigkeitsfragen werden sich nicht innovativ und kreativ beantworten lassen, wenn insbesondere die Politik hier vor Ort ihr nur defensiv und abwehrend gegenüber steht. Handel erst, wenn es gar nicht mehr anders geht, darf nicht unser Motto sein!

Wer sich vom Blick auf die Probleme und Risiken der Zukunft lähmen lässt, wird blind für die Potenziale und Chancen unserer Gegenwart.

Varels Zukunft ohne Nachhaltigkeit?

Eine nachhaltige Kommune zeichnet sich durch generationengerechte, ganzheitliche und global ausgerichtete Entscheidungen für das Gemeinwesen aus. Wenn die heutige Ratspolitik ihre Haltung zum Thema Nachhaltigkeit nicht ändert, hinterlassen wir den jungen Menschen hier in Varel düstere Zeiten für ihre Zukunft.

Im laufe des Lebens eines Menschen ändert sich die Bedeutung oder der Stellenwert des Begriffs Zukunft. Je älter man wird, desto mehr ist man dankbar über das jetzt. Wir dürfen aber nicht vergessen, das von unseren Entscheidungen viele junge Menschen betroffen sind. Für junge Menschen hat die Zukunft eine große Bedeutung. Zerstören wir ihre Zukunftsaussichten in dieser Stadt, dürfen wir uns nicht wundern, wenn sie flüchten.

Wenn wir Ratsmitglieder uns der notwendigen Nachhaltigkeits-Debatte verschließen, werden wir entscheidende Zukunftsressourcen übersehen und brach liegen lassen. Damit werden wir unserer Verantwortung nicht gerecht. Hier vor Ort agieren wir viel zu oft auf Kosten der Natur. Kein Wunder, wenn unsere Zukunft bald Konkurs anmelden muss.

Wortreiche öffentliche Lippenbekenntnisse sind nicht genug. Nur verantwortliches individuelles Tun hilft unserer Umwelt!

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