Großer Tag für Investoren – schwarzer Tag für die politische Glaubwürdigkeit
„Ausschuss. Eine Vertagung des Themas bei Informations-Mangel gehört zum guten Ton – Diesmal nicht“ (NWZ Nr. 20 vom 24.01.2019, Seite 37)
so der Untertitel in der Berichterstattung der heutigen NWZ. Anlass war der B-Plan 212 C im jüngsten Ausschuss für Stadtentwicklung, Planung und Umweltschutz.
Es geht nicht nur um den guten Ton oder um eine Entscheidung aufzuschieben. Es geht um viel mehr.
Kernaufgaben von gewählten VertreterInnen
Kernaufgabe von Ratsfrauen und Ratsherren ist die Kontrolle und Steuerung der Stadtverwaltung. Unsere demokratische Grundordnung hat uns dafür Rechte und Pflichten eingeräumt. Die Verwaltung hat uns notwendige Informationen bereitzustellen. Im heutigen digitalen Zeitalter ist dieses relativ einfach: In das Ratsinformationssystem für die Mandatsträger können alle Informationen zu einem Projekt eingestellt werden. Als Ratsfrau habe ich die Pflicht, mir diese aus dem System abzuholen. Insbesondere dann, wenn es sich um ein so umstrittenes Projekt wie die Bebauung in Dangast geht.
Fehler passieren – auch der Verwaltung. Dann wird nachgefragt und die fehlenden Informationen werden nachgeliefert. Was aber, wenn ich die Unterlagen nicht rechtzeitig erhalte oder die Zeit für die Prüfung einfach zu kurz ist? Soll ich dann abstimmen ohne zu wissen, über was ich genau abstimme? Nach Meinung der Ausschussmitglieder der Mehrheitsgruppe im letzten Ausschuss für Stadtentwicklung, Planung und Umweltschutz: ja.
Als Begründung wurde mal wieder der Investorschutz angeführt. Wir müssen den Investor vor langen Entscheidungswegen und -zeiten schützen, hieß es da. Klar, mich stören die langen Entscheidungsprozesse manchmal auch. Aber dieses Verfahren wurde in vielen Jahren für unsere Demokratie erstritten. Nicht nur um kleinere Investoren zu schützen, sondern insbesondere um unsere Bürgerinnen und Bürger vor zerstörerischen Eingriffen einiger weniger zu bewahren. Will die Mehrheitsgruppe diese demokratischen Errungenschaften hier vor Ort aushebeln?
Dem Vorwurf, meine Ratskollegin Frau Breitenfeldt und ich wollten nur die Entscheidung verzögern, muss ich massiv widersprechen. Nach Durchsicht der eingestellten Unterlagen und der Bürgeranfragen hatten wir viele Fragezeichen. Insbesondere durch den Besuch der Informationsveranstaltung zur alten Deponie in Langendamm und der Ohnmacht der betroffenen Bürger wurden wir zusätzlich sensibilisiert. Wir wollen und müssen daher prüfen, ob die Einwände berechtigt sind und ob nachgesteuert werden muss.
Politische Glaubwürdigkeit gefragt
Bevor wir die Hand bei Beschlussfassungen heben, prüfen wir. Und wenn bei einem Durchführungsvertrag Vertragsbestandteile fehlen, sorry – dann können wir darüber nicht beschließen.
Hier geht es somit nicht um den guten Ton, sondern darum, dass wir wesentliche Grundelemente in unserer Demokratie schützen. Es darf nicht auf einen Machtkampf zwischen Mehrheitsgruppe und Opposition hinauslaufen mit der Beantwortung der Frage: Wer gewinnt? Es geht hier darum, das Bauprojekt in Dangast zum Wohle der gesamten Stadt fortzuführen. Dabei dürfen wir kommunalen VertreterInnen unsere Prüf-Pflichten und unsere Glaubwürdigkeit nicht aus den Augen verlieren.
Hinweis:
Durch die Vertagung der Beschlussfassung wäre es zu keiner Verzögerung gekommen, da der nächste Ausschuss für Stadtentwicklung, Planung und Umweltschutz am 05.02.2019 ist. Am 06.02.2019 tagt der Verwaltungsausschuss und der Rat tagt sowieso erst am 13.03.2019.